Das Jahr 2020 war in der Geschichte der Aids-Beratungsstelle Oberpfalz alleine schon wegen der Corona-Pandemie
ein außergewöhnliches Jahr, das die Mitarbeiter*innen der Aids-Beratungsstelle vor große Herausforderungen stellte. Nun liegt der Jahresbericht des Jahres 2020 vor und kann in einer PDF-Version über diesen Link Jahresbericht 2020 heruntergeladen werden.
Es ging zu Beginn der Pandemie im März 2020 um nicht weniger als um die Frage, ob die Arbeit der Beratungsstelle, die zum größten Teil im persönlichen Kontakt stattfindet, überhaupt fortgesetzt werden kann. Tatsächlich mussten wir manche Präventionsveranstaltungen mit Gruppen absagen und wir haben unser Testangebot Checkpoint Regensburg in der zweiten Märzhälfte in Absprache mit unserem Arzt, Herrn Dr, Franz Audebert, ausgesetzt.
Nach kurzer Orientierungsphase wurde uns aber klar, dass wir mit der gleichen Professionalität mit der neuen Pandemie umzugehen haben, die wir schon seit Jahrzehnten ganz selbstverständlich im Umgang mit der HIV-Pandemie an den Tag legen.
Wir haben die notwendigen Hygienemaßnahmen zum Schutz unserer Gesundheit ergriffen und die Arbeit mit unseren Klient*innen nahezu sofort – auch mit persönlichen Kontakten – wieder aufgenommen. Dies war alleine schon deswegen notwendig, weil die Aids-Beratungsstelle Oberpfalz die einzige Stelle in der Oberpfalz ist, die psychosoziale Beratung von Menschen mit HIV und Aids anbietet.
Tatsächlich haben wir noch nie so intensiv mit unseren Klient*innen gearbeitet, wie in diesem Corona-Jahr 2020.
Wir haben auch das Spritzenaustausch-Programm als systemrelevant eingestuft und zu keinem Zeit ausgesetzt, sondern nur der neuen Situation angepasst. An dieser Stelle muss den Streetworkern gedankt werden, die in ersten Wochen des Lockdowns im März 2020 den Löwenanteil der Verteilung des Hygienematerials an Drogenkonsument*innen auf der Straße übernommen haben. Nach wenigen Wochen wurde dann die Verteilung „hygienisch einwandfrei“ an den üblichen Verteilstellen wieder aufgenommen und im Laufe des Jahres kam es zu einem für uns völlig unerwarteten Ansturm mit noch nie dagewesenen Abgabemengen des verteilten Hygienematerials.
Unsere Testangebote hatten eine sehr unterschiedliche Geschichte: Der Checkpoint Regensburg wurde tatsächlich für 6 Wochen ausgesetzt. Im Mai 2020 kam es zum Neustart mit neuen, coronakonformen Regeln, die sich seither sehr gut bewährt haben.
Allerdings haben wir zu keinem Zeitpunkt mit Testangeboten ausgesetzt, da unser Heimtest-Angebot s.a.m health das perfekte Testangebot in Zeiten der Pandemie ist: s.a.m health bedeutet Testung auf HIV, Syphilis, Gonokokken und Chlamydien ohne jeden persönlichen Kontakt. Die Beratung läuft telefonisch. Das Testpaket geht per Post an die Kund*innen und von dort zum Labor. Die Befunde werden von uns per Telefon mitgeteilt. Der gesamte Ablauf benötigt also keinen einzigen Face-to-face-Kontakt.
Insgesamt (wir haben zusätzlich einen Tag pro Monat im Kontaktladen Akut getestet) haben wir im Jahr 2020 so viele Menschen getestet, wir noch nie zuvor, und wir haben noch nie so viele positive Befunde mitteilen dürfen, wie im Jahr 2020. Jeder positive Befund bedeutet, dass eine Infektion entdeckt und damit einer Behandlung/Heilung zugänglich ist. Wir freuen uns sehr, dass es uns in so vielen Fällen möglich war, einen Beitrag für die Erhaltung der Gesundheit dieser Menschen zu leisten!
Sehr schmerzhaft war die Absage der AidsTanzGala und in der Folge davon der AidsTanzBenefiz-Vorstellung des Stückes Sand von Georg Reischl, Chefchoreograph und künstlerischer Leiter von Theater Regensburg Tanz. Wir danken ganz herzlich dem Theater Regensburg und dem Jazzclub Regensburg, die sich so für die Durchführung eingesetzt hatten und wir danken allen Spender*innen und Sponsor*innen, die trotz der Absage ihre Spenden nicht zurückgezogen haben. So konnte am Ende – ohne Aufführung – ein Erlös von 10 700 Euro erzielt werden.
Das war traurig und phänomenal zugleich und es war sehr berührend.
Das Jahr 2020 war besonders.
Als Leiter dieses Teams darf ich allen Teammitgliedern dafür danken, dass sie dieses schwere und ungewöhnliche Jahr mit seinen hohen Anforderungen so bravourös gemeistert haben – und ich freue mich am meisten, dass es bei allem Einsatz und Engagement gelungen ist, im Team bis heute eine Corona-Infektion zu vermeiden.
Bei Corona und bei HIV geht es uns gleichermaßen um einen reflektierten, eigenverantwortlichen, informierten und angstfreien Umgang mit dem Thema und den betroffenen Menschen. Es ist nicht notwendig Kontakte zu meiden oder Menschen auszugrenzen, es ist lediglich wichtig, für den nötigen Schutz zu sorgen, wenn der Kontakt eingegangen wird.
Der Schutz vor HIV ist einfach durch ein Kondom oder den Gebrauch eines hygienischen Spritzbesteckes herzustellen, der Schutz vor Corona ist genauso einfach möglich durch die Verwendung einer FFP2-Maske und bei Bedarf durch die Einhaltung von Belüftungs- und/oder Abstandsregeln.
In diesem Sinne:
kein Raum für Diskriminierung und unnötige Schuldzuweisungen – Menschlichkeit verbindet!
Hans-Peter Dorsch, Leiter der Beratungsstelle