UNAIDS-Bericht: Aids kann schneller besiegt werden!

Die UNAIDS, die Abteilung der Welt-Gesundheitsorganisation, die den weltweiten Kampf gegen die Weiterverbreitung von HIV koordiniert, hat zum Welt-Aidstag 2014

den neuen Aids-Bericht veröffentlicht.

Eine wichtige Kernaussage dieses Berichts ist die Aufstellung des 95 – 95 – 95 – Ziels bis zum Jahr 2030: wenn bis dahin

  mindestens 95 % aller HIV-infizierten ihre Diagnose kennen, also bereits auf  HIV getestet und damit diagnostiziert wurden

  mindestens 95 % aller diagnostizierten HIV-Infizierten auch Medikamente gegen HIV erhalten

  mindestens 95 % aller HIV-Infizierten, die die Medikamente erhalten, eine Anzahl an Viren im Blut haben, die unterhalb der Nachweisgrenze und damit nahe Null liegt.

dann könnte HIV besiegt werden, will sagen: Die Zahl der Neuinfektionen würde im Vergleich zu heute sehr niedrig sein und die Zahl der Menschen, die an Aids erkranken oder gar an Aids sterben, ebenfalls.

 

Hintergrund dieser Aussage ist die Erkenntnis, dass eine behandelte HIV-Infektion kaum mehr Schaden anrichten kann. HIV-Infizierte unter Behandlung bleiben langfristig gesund und haben eine Lebenserwartung, die der Bevölkerung, die nicht mit HIV-infiziert ist, nahezu gleich kommt. Außerdem verliert ein HIV-infizierter Mensch, der konsequent seine Medikamente gegen HIV einnimmt, nahezu sicher seine Infektiösität und kann keine anderen Menschen mehr anstecken.

Wie ambitioniert dieses für die ganze Welt ausgegebene Ziel der UNAIDS ist erkennt man erst, wenn man sich anschaut, wie die Situation derzeit in Deutschland ist, das als reiches Industrieland sicher eine sehr gute medizinische Versorgung bietet und damit zeigt, wie gut dieses von der UNAIDS neu gesteckte Ziel derzeit erreicht werden kann.

 

Die Situation in Deutschland zur Jahreswende 2014/2015

 

In Deutschland ist nach den Zahlen des Robert-Koch-Instituts die Anzahl der HIV-Infizierten von 2006 bis 2013 um rund ein Drittel von knapp unter 60 000 auf rund 80 000 angestiegen. Alleine im Jahr 2013 muss von ungefähr 3200 Neuinfektionen (Abbildung 1)  ausgegangen werden  Damit wird deutlich, dass es in Deutschland bisher noch nicht gelungen ist, die Zahl der Neuinfektionen zu senken.

Wichtiger Grund dafür ist die Tatsache, dass es auch in Deutschland noch lange nicht so weit ist, dass wir das 95 – 95  – 95 – Ziel erreicht haben.

Derzeit wissen in Deutschland (siehe Abbildung 5 des Robert-Koch-Instituts) nur rund 80 % der HIV-Infizierten von ihrer Infektion und rund 20 %, das sind rund 14 000 HIV-Infizierte, sind noch nicht diagnostiziert, wissen also nicht, dass sie sich mit HIV angesteckt haben (siehe den unteren grauen Abschnitt der Säulen). Wer aber nicht weiß, dass er/sie HIV-infiziert ist, nimmt leider nicht Teil am medizinischen Fortschritt und HIV kann im Körper der HIV-Infizierten ungehindert Schaden anrichten. Die Anzahl der HIV-Infizierten in Deutschland, die nicht wissen, dass sie sich bereits mit HIV angesteckt haben, nimmt auch beständig zu – von rund 11 000 im Jahr 2006 auf eben rund 14 000 im Jahr 2013. Das Risiko, bei einem sexuellen Kontakt auf einen Partner/eine Partnerin zu treffen, der/die HIV-infiziert ist ohne es zu wissen, ist also so hoch wie noch nie zuvor. Der Schutz vor einer HIV-Infektion ist heute also notwendiger denn je.

 

Wie sieht die Situation bei den Menschen aus, die bereits von ihrer HIV-Infektion wissen?

Das Robert-Koch Institut geht davon aus, dass derzeit in Deutschland nur rund 80 % der diagnostizierten HIV-infizierten unter medikamentöser Therapie sind und damit die Zielsetzung der UNAIDS mit 95 % ebenfalls deutlich verfehlt wird. Sicher ist jede Entscheidung, ob eine Therapie begonnen wird oder nicht, eine Entscheidung, die Patient und Arzt gemeinsam abwägen sollten und es gibt im Einzelfall gute Gründe, sich auch gegen eine Therapie zu entscheiden. Die hohe Anteil von 20 % an untherapierten Patienten lässt aber befürchten, dass einige HIV-infizierte ihr Vertrauen in das medizinische System verloren haben und daher „freiwillig“ darauf verzichten, am medikamentösen Erfolg teilzuhaben.

Leider ist Stigmatisierung und Diskriminierung HIV-Infizierter immer noch ein häufiges Problem und alle HIV-infizierten müssen immer wieder ermutigt werden, sich nicht zurückzuziehen, sondern mutig und offensiv ihre Rechte einzufordern und eines der wichtigsten Rechte ist das Recht auf medizinische Versorgung.

Wie viele HIV-Infizierte in Deutschland, die in medikamentöser Therapie sind, erreichen das Ziel, die Zahl der HI-Viren unter die Nachweisgrenze absinken zu lassen und damit den Infektionsverlauf weitestgehend zu stoppen und die Infektiösität aufzuheben?

Nach Beginn einer medikamentösen Therapie, die vom HIV-Spezialisten eingeleitet wurde, erreichen fast 100 % der Patienten nach wenigen Wochen ein Absinken der Anzahl der Viren auf nahe Null. Die Schwierigkeit liegt allerdings darin, diesen Erfolg langfristig aufrecht zu erhalten. Leider steigt die Virenzahl bei viel zu vielen Patienten (nach Schätzungen ca. ein Drittel der HIV-Infzierten) nach wenigen Monaten bis Jahren wieder deutlich an und die Gründe liegen fast nie im Versagen der Medikamente, sondern meistens nehmen Patienten ihre Medikamente nicht regelmäßig genug oder brechen die Therapie sogar vollständig ab. Manchmal wird nicht nur die medikamentöse Therapie abgebrochen, sondern der gesamte Kontakt zum Arzt wird beendet.

Nun einfach zu sagen, der Patient ist „selbst schuld“ greift hier viel zu kurz, denn häufig ist es dem Patienten nicht gelungen, seine Themen mit dem Arzt zufriedenstellend zu besprechen. Wenn z.B.  Nebenwirkungen nicht ernst genug genommen werden oder wenn Ärzte zu oft keine Zeit haben und wegen Termindrucks gestresst und genervt sind, dann fühlen sich HIV-Patienten irgendwann nicht mehr gut aufgehoben und bleiben weg oder ignorieren die Hinweise ihrer Ärzte.

Jeder Arzt, der HIV-Patienten behandelt, muss sich bewusst machen, dass die Arzt-Patient-Beziehung nicht einfach ein Selbstläufer ist, sondern permanentes Engagement von Seiten des Arztes erfordert. Jeder HIV-Patient, der von seinem Arzt enttäuscht oder genervt ist, muss sich bewusst machen, dass ein Therapieabbruch aus Ärger über den behandelnden Arzt nicht dem Arzt schadet, sondern der eigenen Gesundheit.

Realistisch betrachtet wird in Deutschland derzeit das 95 – 95 – 95 – Ziel nicht erreicht, sondern man verharrt bei einem 80 – 80 – 80, also 80 % der Infizierten sind diagnostiziert, 80 % der Diagnostizierten werden therapiert und 80 % der Therapierten haben den gewünschten Therapieerfolg. Das ist zu wenig und erklärt, warum es auch in Deutschland noch nicht gelingt, die Neuinfektionszahlen deutlich zu senken.

Was kann für die Verbesserung in Deutschland gefolgert und gefordert werden?

 Die große Bedeutung des HIV-Tests für die Gesundheit eines HIV-Infizierten muss herausgestellt und an alle Menschen herangetragen werden, die in der Vergangenheit ein Infektionsrisiko hatten. Dies gilt insbesondere für die Hauptbetroffenengruppe der  Männer, die Sex mit Männern haben. Parallel dazu müssen spezialisierte Testangebote ausgebaut werden, an die man sich vertrauensvoll wenden kann, wenn man einen Test auf HIV oder andere sexuell übertragbare Infektionen machen will.

Die Aids-Beratungsstelle bietet seit Jahren im Checkpoint Regensburg Tests auf HIV, Hepatitis, Syphilis, Chlamydien und Gonokokken (Tripper) an. Infos zu unserem CheckpointRegensburg finden sie hier!

HIV-Infizierte benötigen neben einer HIV-spezifischen medizinischen Versorgung eine intensive Beratung und Therapiebegleitung, sonst droht die Gefahr, dass die Patienten verloren gehen, die mehr Probleme haben und daher den Arzt und Berater dringender benötigen als andere Patienten.

Die Aids-Beratungsstelle hat seit mehr als 25 Jahren Erfahrung in der Beratung und Begleitung von HIV-Patienten. Wir empfehlen HIV-Infizierten, zu uns zu kommen – auch und gerade, wenn Sie unzufrieden mit der medizinischen Versorgung sind. Wir unterstützen dabei, die eigenen Bedürfnisse klar zu stellen und suchen gemeinsam mit den HIV-Patienten nach Lösungswegen und Alternativen.

Fazit

Die HIV-Infektion kann zwar noch nicht geheilt werden, aber der Infektionsverlauf kann mit modernen Medikamenten so gut wie gestoppt und die Infektiösität so gut wie beseitigt werden! Wir haben alle Mittel in der Hand und wünschen uns, dass jeder HIV-Infizierte  es sich wert ist, die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten für sich zu nutzen!

 

Hier können Sie weitere Informationen herunterladen:

UNAIDS-Bericht zum Welt-Aidstag 2014 (4 MB)

Situation in Deutschland – Bericht des RKI zum Welt-Aidstag 2014 (200 KB)

EckdatenDeutschland (150 KB)

EckdatenBayern (150 KB)

 

 

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